Heute betrachten wir – besser: begegnen wir – dem Priester Joseph Mohr. Im nächst Blog dem Lehrer Franz Xaver Gruber. Und im übernächsten Blog – noch vor Weihnachten – machen wir uns Gedanken über die Begegnung der beiden.
Stell dir vor, vor gut 200 Jahren, 1792, als Joseph Mohr geboren wurde, herrschte noch ein Erzbischof als geistlicher Fürst über Salzburg, also ein Herrscher über „Himmel und Erde“. Das Bürgertum aber beginnt sich nach der Französischen Revolution zu emanzipieren. Durch Jahrhunderte gewachsene Strukturen und Traditionen beginnen sich aufzulösen. Der liebe Gott und seine „Vertreter auf Erden“ haben Macht eingebüßt, es sind keine Mächte im Hintergrund, die unser Schicksal lenken. Auch ICH habe Verantwortung zu übernehmen! Die Schutzheiligen haben ausgedient! Welche Herausforderung! Die Zeit der Aufklärung ist auch die Zeit der Suche nach Identität. Also eine Zeit gravierender Umbrüche in Kirche und Gesellschaft, mit schmerzhaften Spannungen zwischen Aufbruch und Bewahrung.
Joseph Mohr wurde in Salzburg als lediges Kind geboren. Die Mutter, Anna Schoiber, hat den desertierten Soldaten Joseph Mohr (sen.) als Vater angegeben. Taufpate war der wohlhabende Scharfrichter Wohlmuth! Er wollte auch was Gutes tun! Ein lediges Kind damals, für die Gesellschaft ein Kind der Schande, für die Kirche ein Kind der Sünde! Anna musste dafür auch Strafe zahlen. Im Fornikationsprotokoll (=Hurenprotokoll) gab sie an, auf dem Mönchsberg ein „fleischliches Verbrechen“ begangen zu haben. Anna hatte vier ledige Kinder – von verschiedenen Männern! Also: kein guter Ruf! Welche Demütigung! In diese gesellschaftlichen Umstände wurde Joseph Mohr hinein geboren! Es ist eine Welt, aus der heraus auch die Kleinkriminellen stammen!
Traust du dir ein Urteil über Anna Schoiber zu? Nein, gell?! Wir fühlen mit ihr, oder? Was steckt da dahinter? Als Anna 8 Jahre alt war, hat sie ihren Vater verloren, er war Salzschreiber in Hallein. Gerade in diesem Alter, beim Erwachen ihrer Sehnsüchte als junges Mädchen, hätte sie ihn so dringend gebraucht. So blieb sie mit ihren Träumen allein. Mit der Übersiedlung in die Stadt Salzburg hat sie auch ihre Freunde in Hallein verloren. Ihren Lebensunterhalt in Salzburg bestritt sie als Strickerin. – die Sehnsucht nach Liebe blieb.
Ob Anna mit dem kleinen Joseph zärtlich umgegangen ist, wissen wir nicht. Aber die Liebe, die vielleicht nur aus Sehnsucht bestand, hat den Buben so stark gemacht, dass diese Liebe beim kleinen Joseph zu Musik wurde. Seine Stimme war so schön, dass ihn der Domchorvikar Hiernle für den Knabenchor in St. Peter entdeckte und ihm eine Ausbildung ermöglichte. So kam Joseph Mohr zum Priestertum. Ob das eine ganz freiwillige Entscheidung war? Auf alle Fälle war Mohr ein Vollblutmusiker. Mit zwölf spielte er schon die Violine im Universit%
Heute betrachten wir – besser: begegnen wir – dem Priester Joseph Mohr. Im nächst Blog dem Lehrer Franz Xaver Gruber. Und im übernächsten Blog – noch vor Weihnachten – machen wir uns Gedanken über die Begegnung der beiden.
Stell dir vor, vor gut 200 Jahren, 1792, als Joseph Mohr geboren wurde, herrschte noch ein Erzbischof als geistlicher Fürst über Salzburg, also ein Herrscher über „Himmel und Erde“. Das Bürgertum aber beginnt sich nach der Französischen Revolution zu emanzipieren. Durch Jahrhunderte gewachsene Strukturen und Traditionen beginnen sich aufzulösen. Der liebe Gott und seine „Vertreter auf Erden“ haben Macht eingebüßt, es sind keine Mächte im Hintergrund, die unser Schicksal lenken. Auch ICH habe Verantwortung zu übernehmen! Die Schutzheiligen haben ausgedient! Welche Herausforderung! Die Zeit der Aufklärung ist auch die Zeit der Suche nach Identität. Also eine Zeit gravierender Umbrüche in Kirche und Gesellschaft, mit schmerzhaften Spannungen zwischen Aufbruch und Bewahrung.
Joseph Mohr wurde in Salzburg als lediges Kind geboren. Die Mutter, Anna Schoiber, hat den desertierten Soldaten Joseph Mohr (sen.) als Vater angegeben. Taufpate war der wohlhabende Scharfrichter Wohlmuth! Er wollte auch was Gutes tun! Ein lediges Kind damals, für die Gesellschaft ein Kind der Schande, für die Kirche ein Kind der Sünde! Anna musste dafür auch Strafe zahlen. Im Fornikationsprotokoll (=Hurenprotokoll) gab sie an, auf dem Mönchsberg ein „fleischliches Verbrechen“ begangen zu haben. Anna hatte vier ledige Kinder – von verschiedenen Männern! Also: kein guter Ruf! Welche Demütigung! In diese gesellschaftlichen Umstände wurde Joseph Mohr hinein geboren! Es ist eine Welt, aus der heraus auch die Kleinkriminellen stammen!
Traust du dir ein Urteil über Anna Schoiber zu? Nein, gell?! Wir fühlen mit ihr, oder? Was steckt da dahinter? Als Anna 8 Jahre alt war, hat sie ihren Vater verloren, er war Salzschreiber in Hallein. Gerade in diesem Alter, beim Erwachen ihrer Sehnsüchte als junges Mädchen, hätte sie ihn so dringend gebraucht. So blieb sie mit ihren Träumen allein. Mit der Übersiedlung in die Stadt Salzburg hat sie auch ihre Freunde in Hallein verloren. Ihren Lebensunterhalt in Salzburg bestritt sie als Strickerin. – die Sehnsucht nach Liebe blieb.
Ob Anna mit dem kleinen Joseph zärtlich umgegangen ist, wissen wir nicht. Aber die Liebe, die vielleicht nur aus Sehnsucht bestand, hat den Buben so stark gemacht, dass diese Liebe beim kleinen Joseph zu Musik wurde. Seine Stimme war so schön, dass ihn der Domchorvikar Hiernle für den Knabenchor in St. Peter entdeckte und ihm eine Ausbildung ermöglichte. So kam Joseph Mohr zum Priestertum. Ob das eine ganz freiwillige Entscheidung war? Auf alle Fälle war Mohr ein Vollblutmusiker. Mit zwölf spielte er schon die Violine im Universit%